Unter den gut zwanzig historischen Gedenkschiessen zu Schlachten in der Schweiz ist die Staudenschlacht bei Bremgarten die Jüngste.
Wer ein historisches Schiessen ausrichten will, der muss sich auf eine sehr lange Schützentradition stützen können und eine alte Schlacht beweisen. Die Bremgarter begannen zur Zeit der Burgunderkriege (1476) mit Schiessübungen und berufen sich heute auf die Staudenschlacht am 26. Mai 1712 im Rahmen der Villmergerkriege. Sie dauerte nur zwei Stunden.
Hans Rechsteiner
Das «Staudenschlachtschiessen», zum dritten Mal ausgerichtet von den Stadtschützen Bremgarten, ist etwas speziell, deshalb in Schützenkreisen interessant. Nur bei wenigen solcher Schiesswettbewerbe werden beide Waffen eingesetzt: Gewehr über 200 Meter Distanz im Schützenhaus, Pistole über 30 Meter auf freiem Feld, nur Ordonnanzwaffen sind zugelassen. Die exklusive Staudenschlacht-Zielscheibe zeigt links oben den stark verkleinerten Gedenkstein, das Original steht nahe der Schiessanlage Stockweiher im Wald, auf der Scheibe ist er mit der höchsten Trefferpunktezahl gekennzeichnet – erlaubt eigentlich nur Zufallstreffer. Die Herausforderung für die Schützen ist ohnehin gross: auf die spezielle Scheibe ohne einen einzigen Probeschuss zwölf Schuss auf eine ungewohnte Distanz, in drei Minuten abzugeben.
Der Morgen gehört dem Schiessport
Der perfekt getaktete Tagesbefehl begann um 06:45 Uhr. Im regelmässigen Takt werden die Pistolenschützen in Ablösungen in Kleinbussen hinaus an die Freiluft-Schiessanlage gefahren. Die Gewehrschützen legen sich auf die Läger im Stockweiher. Der ernste Wettbewerb dauert bis gegen Mittag.
Das historische Staudenschlachtschiessen ist inzwischen bei den Schützen schweizweit bekannt und beliebt. Sie machen ehrliche Komplimente für den sicheren konzentrierten Schiessbetrieb, die stringente Organisation, und auch für die Augenhöhe, auf der sich Schützen hier begegnen.
Es ist ein erfreuliches inneres Wachstum zu beobachten. Das dritte historische Staudenschlachtschiessen verzeichnet einen Zuwachs von zwanzig Prozent, wer schon mal teilnahm, bringt neue Freunde mit. In der dritten Auflage waren es 152 Gewehrschützen und 344 Teilnehmer Pistole. Es gibt allerdings eine Irritation: Die Freiämter Gewehrschützen fehlen bisher vollständig, sie wären herzlich willkommen.
Es wird ein prächtiger Festakt
«Bremgarten mit seiner Geschichte hat so ein historisches Schiessen verdient», sagt OK-Präsident Stefan Hausherr. Tradition, Geselligkeit, Kultur – das sei der Rahmen. «Wir schiessen in dieselbe Richtung, sicher nie gegeneinander. Aber wir erfahren Gegenwind, weil halt Waffen im Spiel sind. Wir pflegen indes einen interessanten vernünftigen sicheren Schiesssport.»
Stadtammann Raymond Tellenbach würdigt den Erfolg am dritten historischen Gedenkschiessens. «Wer eine Waffe trägt hier in der Schweiz, ist kein Irrer, sondern ein seriöser Sportler», sagt er. Fügt an im Blick auf die nachfolgende Rednerin: «Wo kann denn eine Regierungsrätin völlig frei auftreten ohne Bodygard?» Tellenbch dankte seinen Schützen ausdrücklich dafür «dass Sie zum guten Image für die historische Stadt Bremgarten beitragen.»
Willkommener Ehrengast war Regierungsrätin Martina Bircher, Vorsteherin im Departement Bildung, Kultur und Sport. Sie verdiente sich die Sympathie der Schützenfamilie durch ihr ansteckend frischfreundliches Interesse und fand den Rank zum lebendigen und erfolgreichen Schiesswesen im Kanton Aargau über die Fricktaler Spitzenschützin Chiara Leone, die 2024 Sportgeschichte geschrieben hat. In den Olympischen Spielen in Paris gewann sie im Dreistellungsmatch über 50 Meter Gold, mit neuem olympischem Rekord. Martina Bircher rühmte die Nachwuchsförderung im Schiesssport. «Schützen sind präzis, wenn es um Schüsse geht und handeln schnell», sagte sie. «Und sie stehen für Fairness, Präzision und Teamgeist.»
Wertvolle Waffen ehren die Sieger
Im Bremgarter Staudenschlachtschiessen sind auch die Trophäen speziell. Steve Merz von den Stadtschützen Bern gewann mit dem besten Einzelresultat unter 152 Schützen die Bundesgabe Sturmgewehr 90. Die entsprechende Sektionswertung gewann die Schützengesellschaft Liestal. Den kleinen Staudenschlachtstein links oben auf der speziellen Scheibe traf mit dem Gewehr fünfmal (!) Cody Litscher von den Stadtschützen Burgdorf.
Unter 344 Pistolenschützen war Markus Schmid von der Sektion Liestal der Beste und sicherte sich die Bundesgabe Pistole 49. Die Liestaler Schützen haben sowieso abgeräumt. DieSchützengesellschaft Liestal hat auch den blauen Wimpel bei den Pistolengruppen heimgeholt. Den klitzekleinen Staudenschlachtstein links oben auf der speziellen Scheibe traf dreimal der Pistolenschütze Rolf Buser Aarau.
Und dann gibt es in Bremgarten noch eine andere Spezialität.
Unter allen verkauften Lösli-Nummern wird ein prächtiger Preis gezogen: eine wertvolle ordonnanzfähige Pistole von Phoenix Predator, dem letzten schweizerischen Hersteller. Dieses Glück hatte der junge Janik Bättig Birrhard.